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Historischer Rundweg - Tafel II
Windmühle
Das Gebäude ist eine typische Windmühlenvariante des Niederrheins
Das Baudenkmal stammt aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert und ist neben dem Kirchturm das zweite weithin sichtbare Wahrzeichen von Wemb.
Am unteren Niederrhein, wo der Wind ungehindert wehen kann, sind beste Voraussetzungen für den Betrieb von Windmühlen. Hier sind sie unübersehbare Landmarken. Über Jahrhunderte hatten sie die Aufgabe, landwirtschaftliche Produkte wie Getreide und Ölsaaten zu verarbeiten. Jede Stadt und jedes Dorf hatte seine Windmühle oder sogar mehrere.
Die Wember Windmühle ist das zweite weithin sichtbare Wahrzeichen des Ortes neben dem Kirchturm. Das Gebäude, vom Bautyp ein „Erdholländer“, ist eine typische Windmühlenvariante des Niederrheins. Es ist ein seltenes und wichtiges Zeugnis der vorindustriellen Geschichte der niederrheinischen Landschaft und ein bedeutendes Baudenkmal für den Ort Wemb, dessen Bild auf Ansichtskarten in alle Welt ging.
Seit Generationen in Familienbesitz
Die Mühle wurde von der hiesigen Familie Stammen halbfertig gekauft. Mehreren Bauherren war das Geld ausgegangen, so dass das Gebäude unvollständig blieb und im Volksmund lange Zeit die Bezeichnung „Wember Tonne“ trug. Gerhard Anton Stammen setzte um 1860 ein Reetdach auf und brachte die Flügel an. Alexander Stammen übernahm von seinem Vater die Mühle und die Bäckerei und übergab sie 1935 an seinen Sohn Gerhard. Noch bis 1954 produzierte Müller und Bäckermeister Gerhard Stammen mit Windkraft Mehl, ließ 1955 die Flügel abnehmen und mahlte bis 1960 mit elektrischer Energie weiter. Von 1969 bis 2003 setzte sein Sohn Heinrich den Bäckereibetrieb und das Lebensmittelgeschäft fort. Brot und Backwaren sowie andere Lebensmittel bekam man nicht „bei Stammen“, sondern wie es in Wemb hieß, „bej den Mölder“.
Nutzung zu Wohnzwecken
Als Helene Stammen den Architekten Mathias Selders im Jahr 1961 heiratete und von ihrem Vater Gerhard die Mühle bekam, überlegten sie, wie man das Gebäude sinnvoll nutzen könnte. Mathias Selders entwarf einen Plan, den das Baudenkmal bis heute in ein attraktives Wohngebäude verwandelte. Er umgab den Mühlenturm mit einem ebenerdigen Anbau. Die Mühle wurde zum Eingangsbereich der Wohnung, die die Eheleute Selders bezogen. Mitte der 1960er Jahre wurde diese allerdings zu klein und so zog die Familie nach Kevelaer. Zu Beginn der 1970 Jahre wechselte die inzwischen siebenköpfige Familie in die Windmühle, denn Mathias Selders hatte über Jahre die einstige kleine Wohnung um großzügige Anbauten erweitert.
Neuer Klinker, neue Flügel, neues Dach
In den letzten Jahrzehnten investierte die Familie Selders viel in den Erhalt und das Aussehen der Mühle. 1980 wurde der Mühlenturm verklinkert. 1988 bekam die Windmühle wieder Flügel. Mit Zuschüssen der Gemeinde, des Kreises und des Landes konnte die Eigentümerin Helene Selders, inzwischen Witwe mit fünf Kindern, dieses Vorhaben realisieren. Eine niederländische Mühlenbaufirma brachte die rund acht Meter langen Flügel am Mühlenkopf an. Seitdem vermittelt das Bauwerk wieder einen Anblick, an dem sich schon vor Jahrzehnten Jung und Alt erfreut hatten. Nach dem Tod von Helene Selders im Jahr 1990 wurde das Gebäude vermietet. Seit 2003 bewohnt der jüngste Sohn, Tischlermeister Wolfgang Selders, zusammen mit seiner Familie die Mühle am Schafweg 1. Wie seine Eltern ist auch er bestrebt, das Baudenkmal zu erhalten. In 2010 ersetzte er das Reetdach durch ein Zinkdach und ließ zwei Jahre später energetische Maßnahmen durchführen. Der Erhalt der Wember Mühle stellt auch heute noch eine Herausforderung für den Eigentümer dar.
Ausbau der Mühlsteine, im Bild Gerhard Stammen, der als letzter Wember Müller die Mühle bis 1960 betrieb