Inhalt
Historischer Rundweg - Tafel 6
Evangelische Kirche
1884 wurde das Gotteshaus, ein einschiffiger Backsteinbau mit flacher Holzdecke und runder Chorapsis, eingeweiht.
Gemeinde mit bedeutsamer Geschichte
Die ehemals reformierte Gemeinde hat in Weeze eine bedeutsame Geschichte. Ab 1575 konnte eine kleine reformierte Gemeinde in Weeze unter dem beständigen Schutz und mit Unterstützung der Familie von Hertefeld heimlich und trotz des Drucks der katholischen Obrigkeit und spanischen Soldateska im Zuge des 80-jährigen Krieges (1568-1648) wachsen. Anhänger einer reformatorischen Bewegung lassen sich jedoch schon früher nachweisen. Bereits 1551 wird von einem gewissen Willem de Kistemaker berichtet, der als Wiedertäufer in Weeze lebte und seiner Konfession wegen in Kleve verurteilt und hingerichtet wurde.
Zunächst noch von Goch aus mitbetreut konnte die reformierte Gemeinde auf Haus Hertefeld im Jahr 1631 unter der Leitung ihres ersten Predigers Johann Georg Sittard das Abendmahl feiern.
Die Reformierten bildeten eine Minderheit gegenüber der römisch-katholischen Bevölkerung. Im 17. und 18. Jahrhundert besetzte der reformierte Landesherr, der Kurfürst von Bandenburg, jedoch öffentliche Ämter und das Gericht auch in Weeze ausschließlich mit Reformierten. Außerdem stabilisierte er die Finanzen der Kirchengemeinde. Auch die Adelsfamilie von und zu Hertefeld unterstützte die Weezer Protestanten großzügig, so dass nicht nur Prediger und Lehrer besoldet, sondern auch arme Gemeindemitglieder unterstützt werden konnten. Als Gegenleistung forderte sie ein Mitspracherecht bei der Wahl des Predigers.
Berühmte Pfarrer
Weeze stellte für die Protestanten eine Diaspora dar. Dennoch waren hier Pfarrer tätig, die Bedeutung erlangten. Die Gemeinde Weeze erinnert mit einer Straßenbezeichnung an Pfarrer Friedrich Adolf Lampe, den das Weezer Presbyterium 1703 bereits mit 20 Jahren wählte. Später wurde er Universitätsprofessor in Utrecht und Bremen und gilt heute als bedeutender Vertreter des reformierten Pietismus. Bekannt ist er auch als Dichter von mehr als hundert Kirchenliedern. Berühmtheit erlangte auch Johann Christian Gottlob Ludwig Krafft, der von 1808 bis 1817 in Weeze tätig war. Danach übte er als Prediger und Universitätsprofessor in Erlangen auf die Innere und Äußere Mission sowie auf die bayrische Erweckungsbewegung bedeutenden Einfluss aus.
Kirche
Eine Versammlungsstätte oder gar Kirche für Gottesdienste gab es anfänglich für die Gemeinde nicht. Ab 1631 war Haus Hertefeld einige Jahre Predigtstätte, danach mietete die Gemeinde ein Haus am Markt. 1659 erstellte die kaum hundert Seelen zählende Gemeinde einen achteckigen Kirchenbau an der Wasserstraße, der allerdings 1769 abbrannte. 1773/1774 errichtete man die neue Kirche, die 1880 wegen Baufälligkeit abgebrochen wurde. 1884 konnte der Kirchenneubau an der Wasserstraße, ein einschiffiger Backsteinbau mit flacher Holzdecke und runder Chorapsis, eingeweiht werden. Trotz Kriegsschäden ist sie bis heute unverändert erhalten geblieben.
Schule
Die Schulbildung gehörte zu den zentralen Aufgaben einer protestantischen Gemeinde, da die Alphabetisierung das eigenständige Bibellesen ermöglichte. In Weeze gab es seit der Mitte des 17. Jahrhunderts ein Schulhaus neben der reformierten Kirche an der Wasserstraße (heute: Grundstück Marktcafé). Der Schulmeister war Angestellter der reformierten Kirchengemeinde. 1903 errichtete man eine evangelische Schule mit Lehrerwohnung am Fährsteg, die 1938 wegen Schülermangels aufgelöst und in ein Hitlerjugendheim umgewandelt wurde. Nach dem starkem Zuzug vieler evangelischer Flüchtlinge und Vertriebene weihte man die Schule 1948 wieder ein. 1958 konnte die neugebaute evangelische Schule an der Matthias-Claudius-Straße bezogen werden, die bis Ende der 1960er Jahre bestand.
Friedrich Adolf Lampe(1683-1729) war von 1703 bis 1706 Prediger in Weeze. Porträt um 1720, Universitätsmuseum Utrecht.
Johann Christian Gottlob Ludwig Krafft(1784-1845) war von 1808 bis 1817 Prediger in Weeze. Scherenschnitt des Kopfes.